Insgesamt gibt es in Deutschland drei Elisabethpfade, deren Ziel das Grab der Heiligen Elisabeth in Marburg ist. Einer startet in Frankfurt, einer in Eisenach und einer in Köln.
Ehrlicherweise bin ich den Elisabethpfad, der auf dem Weg von Köln nach Marburg als Weg der Jakobspilger ausgeschildert ist, nicht aus christlicher Tradition gegangen. Auch nicht, weil ich schon immer mal einen Pilgerweg gehen wollte. Der Weg verbindet vielmehr zufällig meinen derzeitigen Wohnort Köln mit meiner Heimatstadt Siegen. Und da ich Lust auf ein kleines Abenteuer hatte und ich mich im Weitwandern ausprobieren wollte, kam mir der Elisabethpfad einfach gelegen. Einmal von Köln nach Hause laufen war also mein Ziel…
Der erste Versuch
Nachdem ich mich einige Zeit mit der Route beschäftigt hatte und ungefähr wusste, in welche Teilstrecken ich sie aufteilen wollte, bin ich Anfang Juni aufgebrochen. Ich hatte mir Tagesetappen von ca. 20 Kilometern überlegt, sodass ich für die Strecke drei Nächte und vier Tage benötigen würde. Um Geld zu sparen, hatte ich mir ein günstiges Zelt und einen kleinen Gaskocher besorgt und wollte auf Campingplätzen oder an geeigneten Stellen entlang des Elisabethpfads übernachten. Da es in den nächsten Tagen sehr warm werden sollte, ging ich davon aus, dass mein Hüttenschlafsack reichen würde.
Es geht los
Ich steige also sehr motiviert in die Bahn und fahre ein bisschen aus Köln raus, um mir die ersten Kilometer auf Asphalt und im Lärm der Großstadt zu ersparen. Mein erstes Etappenziel ist Overath, wo ich mir einen kleinen Campingplatz (den einzigen in der Nähe des Elisabethpfads) rausgesucht habe. Schnell führt mich der Weg weg von der Straße rein in den Königsforst und ich bin froh über jeden Meter Schatten, der sich mir bietet. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, eine solche Tour bei diesen Temperaturen zu machen?
Dieser Gedanke ist nach der folgenden Begegnung aber schnell wieder vergessen: Nach einem der zahlreichen Anstiege, die die Route bereithält, setze ich mich zu zwei Männern an einen Picknickplatz und wir kommen ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass wir alle in Siegen Grundschullehramt studiert haben (wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten) und keiner von uns mehr in der Schule arbeiten. Wie klein kann die Welt eigentlich sein? Wieder ein Beweis dafür, wie schnell man mit Menschen in Kontakt kommt, wenn man alleine unterwegs ist. Ich liebe solche Begegnungen! Und ich bin mir fast sicher, dass sich dieses Gespräch so nicht ergeben hätte, wäre ich zu zweit oder in einer Gruppe unterwegs gewesen.
Eine überraschende Wendung
Irgendwann komme ich schließlich völlig verschwitzt, und leider auch mit Druckstellen von meinem Rucksack am Rücken, an meinem ersten Etappenziel an. Der Campingplatz sieht nicht sehr touristisch aus, aber ich brauche ja nur ein kleines Stück Wiese für eine Nacht. Und unbedingt eine Dusche! Ich bin nach diesen ersten 20 Kilometern auf dem Elisabethpfad bei 30 Grad ziemlich fertig, so viel steht fest.
Mein Entsetzen ist umso größer, als mir die Betreiberin des Platzes eröffnet, dass nichts mehr frei wäre. Ich schaue sie halbwegs verdutzt an und erkläre ihr, dass ich nur ein winziges Zelt habe und morgen früh wieder weg bin. Nichts zu machen, sie bleibt dabei, es gibt keinen Platz mehr für mich. Jetzt muss ich mich sehr zusammenreißen, dass ich nicht augenblicklich vor Wut und Erschöpfung in Tränen ausbreche und gehe erstmal zurück zu dem kleinen Fluss, den ich eben überquert habe. Vielleicht kann ich wieder etwas klarer denken, wenn ich meine Füße ins kalte Wasser halte.
Ich bin inzwischen den ganzen Tag unterwegs, völlig verschwitzt, habe 20 Kilometer zu Fuß hinter mir, Druckstellen vom Rucksack und keine Ahnung, wo ich die Nacht verbringen soll. Klar, ich könnte wenige Kilometer weitergehen und mir im Ort eine Unterkunft suchen, irgendwo findet sich bestimmt ein Hotel oder eine Pension. Aber erstens habe ich keine Lust, so viel Geld für ein Zimmer auszugeben und zweitens wollte ich ja Abenteuer. Zumindest ein bisschen.
Schließlich siegt die Vernunft (und die Erschöpfung) und ich rufe meinen Freund an, damit er mich abholt. Selbst zum Zugfahren ist mir die Laune vergangen. Es macht ehrlicher Weise wenig Sinn, am nächsten Tag mit einem Rucksack weiterzulaufen, der nicht vernünftig sitzt. Ziemlich enttäuscht lasse ich mich also zurück nach Köln fahren. So hatte ich mir meine Wanderung auf dem Elisabethpfad nicht vorgestellt…
Der zweite Versuch
Inzwischen sind ein paar Monate vergangen und es ist September. Da ich davon ausgehe, dass mein Hüttenschlafsack für die Nächte inzwischen zu dünn ist, habe ich mir einen etwas dickeren gekauft. Außerdem habe ich einen neuen Rucksack und neue Schuhe. Letztere werden mir im Verlauf meiner Wanderung noch zum Verhängnis, aber dazu später mehr…
Ich fahre also mit dem Zug bis Overath, der Ort, an dem ich beim letzten Mal aufgegeben habe. Das Wetter verspricht diesmal etwas angenehmere Temperaturen und auch der Campingplatz, den ich mir für heute Nacht rausgesucht habe, nimmt definitiv Zelte auf! Es kann also (fast) nichts mehr schiefgehen, denke ich mir. Ein bisschen Respekt habe ich vor der Nacht im Zelt. Es kühlt inzwischen ganz schön ab und ich hoffe, dass mich die Thermosachen, die ich zum schlafen eingepackt habe, warm halten.
Mein Ziel heute ist Bielstein, ca. 20 Kilometer entfernt. Die ersten acht Kilometer des Elisabethpfads sind leider gar nicht schön zu laufen. Es geht fast ausschließlich an der Straße entlang, oft ohne Bordstein. Und auch wenn es wenig befahrene Landstraßen sind, könnte ich mir schönere Wege für den Start meiner Tour vorstellen. Außerdem, und das ist eigentlich noch viel schlimmer als die Beschaffenheit der Wege, spüre ich erste Druckstellen an meinen Füßen. Nicht schon wieder, denke ich! Erst der Rucksack und jetzt die Schuhe. Und natürlich ist es meine eigene Schuld, wenn ich mir jetzt Blasen laufe. Die neuen Wanderschuhe habe ich vor dieser Tour nur wenige Male getragen, von einlaufen kann man ehrlicher Weise nicht sprechen. Ich klebe mir also provisorisch ein Blasenpflaster an die Ferse und hoffe, dass alles gutgeht.
Irgendwann mache ich Pause und stelle überrascht fest, dass ich schon auf Höhe des Campingplatzes angekommen bin. Der Platz liegt nicht direkt am Elisabethpfad und ich muss dafür einen Umweg von vier Kilometern gehen. Also runter vom Pfad und Richtung Stadtzentrum.
Anderer Campingplatz, neuer Versuch
Gegen 15.30 Uhr komme ich am Campingplatz an und lese auf dem Schild an der Tür zur Rezeption, dass erst um 17 Uhr wieder jemand da ist. Zum Glück ist eine Telefonnummer angegeben und ich darf nach einem kurzen Telefonat mit dem Betreiber zumindest schon mal mein Zelt aufstellen. Die Dusche, auf die ich mich schon so gefreut hatte, muss dann wohl noch ein bisschen warten. Aber ich bin froh, dass ich die Schuhe ausziehen kann. Inzwischen habe ich nicht nur an der linken Ferse, sondern auch am rechten Ballen eine deutliche Druckstelle. So ein Mist, mir schwant nichts Gutes für Morgen!
Die Nacht im Zelt ist wenig erholsam. Ich friere trotz Thermokleidung und das billige Zelt ist definitiv nicht für feuchte Septembernächte gemacht. Immer, wenn ich mich aufsetze und mit dem Kopf die Decke berühre, fängt es an zu tropfen. Wie zur Hölle bin ich auf diese Idee gekommen? Warum wollte ich unbedingt zu Fuß mit dem Zelt von Köln nach Siegen laufen? Ich verfluche diese Idee nicht nur einmal und hoffe, dass die Nacht schnell rumgeht. Ich schlafe vielleicht drei Stunden, wenn überhaupt. Am nächsten Morgen stehe ich mit den ersten Sonnenstrahlen auf und mache mich wieder auf den Weg. Solange ich laufe, wird mir wenigstens warm, denke ich. Alles ist nass und ich bin froh, das Zelt heute Abend nicht erneut aufbauen zu müssen. Längst habe ich entschieden heute auf jeden Fall bis zu meiner Mutter nach Freudenberg zu laufen. Koste es, was es wolle.
Zurück auf den Pfad
Weil der Bus nach Wiehl (dort will ich wieder in den Elisabethpfad einsteigen) erst in vierzig Minuten kommt, stelle ich mich kurzerhand an die Straße und halte den Daumen raus. Es ist Freitagmorgen acht Uhr und wahrscheinlich sind alle, die gerade an mir vorbeifahren, auf dem Weg zur Arbeit. Von denen wird mich wohl keiner klauen und verschleppen, denke ich. Tatsächlich hält schon nach sehr kurzer Zeit ein Auto an und nimmt mich mit. Ich bin so dankbar für die Heizung, die in dem Kleinwagen auf Hochtouren läuft! Bevor ich gleich wieder irgendwo im Nirgendwo ohne Supermarkt bin, hole ich mir schnell noch ein Croissant vom Bäcker für das Frühstück unterwegs.
Der Weg auf dem Elisabethpfad beginnt heute zum Glück sehr viel schöner als gestern. Ich laufe durch Felder und über taunasse Wiesen und es bieten sich mir immer wieder wunderschöne Ausblicke über das Bergische Land. Zu Anfang habe ich noch gedacht, dass ich es trotz neuer Schuhe bis nach Siegen schaffen könnte, doch inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich es heute nicht mal mehr zu Fuß bis zu meiner Mutter nach Freudenberg schaffen werde.
Die Entscheidung
Irgendwann komme ich an einer Bank in der Sonne vorbei und entscheide, hier zu frühstücken. Ich packe meinen Kocher aus, mache mir einen Kaffee und genieße mein Croissant und die Aussicht. Wie praktisch, wenn man alles dabeihat! Wie ich da so sitze, versuche ich mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich dieses Mal wieder nicht schaffen werde, was ich mir vorgenommen habe. Ich bin enttäuscht und ärgere mich über mich selbst, dass ich die neuen Schuhe angezogen habe. Wie kann man nur so blöd sein?! Aber, versuche ich mir einzureden, das Wichtigste ist doch, dass du dich überhaupt auf den Weg gemacht hast! Das stimmt, ich weiß das, aber noch kann es mich nicht über die Enttäuschung hinwegtrösten.
Ich laufe noch bis Denklingen (damit habe ich heute lediglich 10 Kilometer geschafft) und setze mich dann in den Bus, der mich zu meiner Mutter fährt. Vielleicht laufe ich nach einem Tag Pause noch den Rest der Strecke bis nach Siegen, denke ich mir. Ich will noch nicht ganz aufgeben, kann mich aber schließlich auch nach einem Tag Füße hochlegen nicht noch einmal dazu überwinden, die Wanderschuhe zu schnüren.
Fazit
Ob es einen dritten Versuch geben wird? Ich glaube nicht. Vielleicht passen der Elisabethpfad und ich einfach nicht so gut zusammen. Vielleicht ist eine Mehrtageswanderung mit Zelt auch nicht das Richtige für mich. Ich werde das mit dem Weitwandern nochmal ausprobieren, das ganz bestimmt. Aber wann und auf welchem Weg, das weiß ich jetzt noch nicht. Ich laufe erst einmal wieder ein paar Tageswanderungen in der Umgebung von Köln. Da gibt es nämlich auch noch Einiges zu entdecken!
Oder wohnst du im Ruhrgebiet? Dann ist der BaldeneySteig vielleicht genau das Richtige für dich!
Hast du schon mal eine Mehrtages- oder Weitwanderung mit einem Zelt gemacht? Wie sind deine Erfahrungen?
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